Studien zu anti-essenzialistischem Denken

Fast, fast, fast ist es so weit, mein Projektantrag zu einer “Kritik anti-essenzialistischer Soziologie” ist beinahe abgeschickt. Zur Feier des Tages stelle ich jetzt hier mal einen kleinen Versuch hin, den ich im Rahmen von Vorüberlegungen zu besagtem Antrag geschrieben habe – sicher keine fertige Argumentation, aber der ein oder andere interessante Gedanke ist vielleicht drin. Also:

Die Dialektik des Anti-Essenzialismus

Ein Essay zum Zustand der Vernunft im „postfaktischen Zeitalter“.

In einem Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung hat Albrecht Koschorke neulich beschrieben, wie die Welt derzeit aus den Fugen gerät.1 Doch es war keine der üblichen Einlassungen zum bedenklichen Zustand des globalen Politischen, wie man sie derzeit (völlig zu Recht, würde ich meinen) allenthalben liest. Nein, Koschorkes Aufmerksamkeit richtet sich auf die akademische Welt, genauer gesagt: Er fragt sich, wie der geisteswissenschaftliche Diskurs mit den politischen Verwerfungen zusammenhängt, die zur Ausrufung eines „postfaktischen Zeitalters“ geführt haben. Er schreibt: Mehr lesen

Warum man gute Politik nicht an ihrem Wahrheitsgehalt erkennen kann

Hier geht es um ein Thema, das mich schon seit einiger Zeit umtreibt. Ein Thema, dem man derzeit überall dort begegnen kann, wo politisch diskutiert wird. Es geht, um damit rauszurücken: um den in der öffentlichen Debatte wie selbstverständlich hergestellten Zusammenhang zwischen Politik und Wahrheit. Ich möchte meinen Beitrag zu diesem Thema mit einer steilen These beginnen. Die gegenwärtige politische Kultur hat nämlich ein Problem (das ist noch nicht die steile These, die kommt jetzt erst). Jenes Problem politischer Kultur liegt jedoch nicht so sehr in unverbrüchlichem Blockdenken zwischen links und rechts begründet, nicht in der fehlenden Bereitschaft zur offenen politischen Debatte, ja, noch nicht einmal (hauptsächlich) in den unvermeidlichen Rufen nach allzu simplen Lösungen für komplexe gesellschaftliche Problemkonstellationen. Das schwerwiegendste Problem gegenwärtiger politischer Kultur  besteht vielmehr in der unhinterfragten Annahme, gute Politik zeichne sich dadurch aus, dass sie die Wahrheit auf ihrer Seite habe. Mehr lesen