Risikodemokratie!

Erschienen, erschienen, erschienen! (Zumindest schonmal digital…) Was für ein Gefühl: Dieses Ding, das uns irgendwie unter der Hand von einer kleinen, netten Idee zu einem ausgewachsenen ethnografischen Forschungsprojekt mutiert ist, ist endlich und wirklich fertig. Mit dem Text bin ich eigentlich wirklich mal zufrieden (ist selten genug), und dann ist es auch noch open access – kurz gesagt: juhu!

Ein paar Rezensionen gibt’s jetzt auch, zum Beispiel:

Dirk Baecker für soziopolis: “Brichzin, Laux und Bohmann legen eine beispielhafte Studie vor, die zeigt, wie eine behutsame und reflektierte Ethnografie eines Ortes oder einer Kultur mit variablen Einsätzen der soziologischen Theorie kombiniert werden kann.” (https://www.soziopolis.de/radikale-volksherrschaft.html)

Stefan Locke in der FAZ: “Das Ergebnis ist eine äußerst anschauliche und frisch formulierte Studie […] mit Schlussfolgerungen weit über Chemnitz hinaus.” (https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wie-es-in-chemnitz-zu-rechtsradikalen-ausschreitungen-kam-18277427.html)

Hier noch kurz ein paar Worte zum Inhalt des Buchs: Den Ausgangspunkt bildet Ulrich Becks populäre Diagnose der “Risikogesellschaft” aus den 1980er Jahren. Entlang des Falls Chemnitz arbeiten wir heraus, dass sich gegenwärtig politisch wiederholt, was Beck damals vor allem für die ökonomische Entwicklung festgestellt hatte: Die Probleme, mit denen die Gegenwart zu kämpfen hat – bei Beck war das insbesondere die Umweltzerstörung, bei uns sind es vor allem anti-demokratische Bewegungen -, erklären sich nicht vor allem aus Scheitern, Gegnerschaft und Angriffen von außen, sondern gerade aus dem enormen Erfolg fortschrittlicher Tendenzen.

Unsere These lautet entsprechend: Demokratie ist gegenwärtig mit den Nebenfolgen ihres eigenen Erfolgs, des Erfolgs der demokratischen Idee, konfrontiert. Damit stellen wir uns einerseits gegen modische Zeitdiagnosen, die schlichten demokratischen Verfall feststellen. Andererseits wenden wir uns gegen Sichtweisen, die Chemnitz zu einfach als eindeutig “rechte” Stadt identifizieren wollen. Unsere These zeichnen wir entlang von zahlreichen ethnografischen Beobachtungen in Chemnitz – vom Stadtrat bis zum Fußballstadion, von der politischen Demonstration bis zum Besuch im Supermarkt – nach. Dabei zeigen wir, dass die größte Bedrohung der Demokratie nicht so sehr von ganz offen rechtsradikaler Seite kommt. Sondern von einer Sichtweise auf Politik, die demokratische Bedrohungen immer für eindeutig benennbar und offensichtlich hält und entsprechend unterschwellige Risiken nicht erkennen, schmale Grate nicht abschreiten (wann ist etwa der Bezug auf “das Volk” demokratisch, wann kippt er in ein Problem um?) und problematische Nebenfolgen nicht denken kann.

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