Im vergangenen Semester habe ich in meinem Kurs zur Kritischen Theorie gemeinsam mit den Studierenden die “Dialektik der Aufklärung” (DdA) von Max Horkheimer und Theodor Adorno gelesen. Das war durchaus als Experiment gedacht – die übliche Reaktion der KollegInnen, denen ich vorab von meinem Vorhaben erzählt habe, war dann auch ein entgeistertes: “Was, mit Bachelorstudierenden?!” Aber was soll ich sagen: das Experiment ist gelungen, das Seminar war wirklich toll – eines der schönsten, das ich bisher gehalten habe. Und dass es so toll war, sagt aus meiner Sicht etwas darüber aus, was Lehre leisten sollte. Ich habe mir gedacht, dazu mache ich mir ein paar schriftliche Gedanken.
Seit ich Dozentin bin, höre ich sehr oft und sehr viele Beschwerden über die Studierenden (derzeit aber doch besonders viele…). Neben Polemiken, die sich nicht scheuen, die Worte Faulheit und Dummheit in den Mund zu nehmen, dominiert vor allem eine Kritik: die Studierenden seien nur noch instrumentell am Studium orientiert. Es ginge ihnen also gar nicht (mehr?) um das Lernen an sich, sondern nur noch um die “Credit-Points”, die sie damit abgreifen können. Ich konnte dieser pauschalen Aussage schon immer wenig abgewinnen – zum Teil, weil ich halt in der Regel einer chronisch positiven Sicht auf die Dinge erliege (außer bei Donald Trump – obwohl: mobilisierender Abschreckungseffekt für Europa… ach, kommen wir nicht vom Thema ab…) zum Teil, weil man doch in wohl fast jedem Seminar sieht, dass das so einfach nicht stimmt: warum sollte irgendjemand auch nur einmal den Finger in einem Kurs rühren und zumindest gelegentlich mitdiskutieren, wenn es dabei rein um den geringsten Aufwand ginge? Die “instrumentelles-Lernen-Theorie” zumindest kann das nicht erklären. Mehr lesen →