Ethnografie der Parlamente? Im Kommen!

2017-10-12 08.41.39Ja, es gibt sie, die spannende ethnografische Forschung zu Parlamenten! Diejenige, die sich nicht allein mit der Betrachtung formaler Prozesse, quantitativer Zusammensetzungen oder Eigennutzpostulaten zufrieden gibt. Die sich vielmehr dafür interessiert, wie Politik im komplexen institutionellen Arrangement eines Parlaments möglich ist und wie parlamentarische Praxis konkret aussieht. Das hat mir ein Forschungsworkshop im schottischen Edinburgh klar gemacht, den ich vergangene Woche besucht habe – glücklich darüber, dass es da echt einen Haufen Leute gibt, die sich für genau das Gleiche interessieren wie ich! Das Thema des Workshops lautete dann auch passenderweise: “Ethnographies of Legislatures”.

Was haben wir nicht alles für Facetten parlamentarischen Geschehens diskutiert: Mehr lesen

Und nochmal: auf ‘ner Netzwerktagung

Nach der Tagung “Netzwerke in gesellschaftlichen Fel2016-12-05 12.19.21dern” vom vergangenen Mai jetzt also “Der Stand der Netzwerkforschung” von 5. bis 6. Dezember in Darmstandt: ein historisches Event, all inclusive mit Gründung einer “Gesellschaft für Netzwerkforschung”… Und in der Schader-Stiftung, die eine wirklich sehr kleidsame Treppe in einen der Vortragsräume gestellt hat:

Einen Vortrag habe ich diesmal nicht gehalten – mein Ziel war eher, die Veranstaltung zu einer vorläufig abschließenden Reflexion zu nutzen, was Beziehungen und Netzwerke angeht (ein Thema, das mich jetzt schon seit Jahren mit unklarem Effekt verfolgt): Was genau ist eigentlich gemeint, wird der “relationale Blick” betont, den die Netzwerkforschung auf das Soziale eröffnet? Was wird eigentlich kritisiert, wenn man den Gebrauch des Netzwerkbegriffs außerhalb der SNA (social network analysis)-community als bloß “metaphorisch” problematisiert? Und wie kann man sich – rein unter erkenntnistheoretischer Hinsicht – eine “antikategorial” verfahrende soziologische Forschungspraxis vorstellen? An dieser Stelle bin ich noch nicht in der Lage, das weiter auszuführen (an einem kleinen Text habe ich mich schon versucht, der ist aber absolut noch nicht vorzeigbar) – vielleicht gelingt das ja in der kommenden Zeit noch. Mehr lesen

Bamberger Soziologiekongress – auch Splitter, aber subjektiv-reflexiv

Für mich ist der Soziologiekongress spannend. Er ist anstrengend. Ich verbinde ihn mit Vorfreude. Er bedeutet Frustration. Und er bringt mich zum Nachdenken, weil ich dort Strukturen (vor allem Strukturen der Wissenschaft) begegne, auf die ich mit Emotionen reagiere. Eine kleine Selbstbeobachtung.

Bild3Splitter 1. Ja, ich freue mich auf den Kongress. Weil man viele Leute wiedersieht, bei denen es sonst an Gelegenheiten zum Wiedersehen fehlt, und weil man Leute treffen kann, die man schon lange mal in live sehen wollte. Das Ausmaß der damit verbundenen Anstrengung trifft mich dann doch immer wieder etwas unvorbereitet – klar, es gibt da meine allgemeine Disposition, zu viel ununterbrochene Sozialität nicht gut verkraften zu können. Aber anstrengend ist es wohl vor allem wegen der Tendenz meines Hirns, trotz wirklich massiver Geistesarbeit meine Gegenüber immer noch nicht hierarchiefrei denken zu können. Klingt idealistisch, wird aber von der wissenschaftlichen Professionellen erwartet. Mit anderen Worten: manchmal bin ich aufgeregt, manchmal weiß ich nicht, was ich sagen soll (würde aber sehr gerne etwas sehr Schlaues sagen), manchmal muss ich echt gegen den Impuls ankämpfen, mich vor irgendwem zu verstecken (manchmal verliere ich den Kampf, meist aber nur temporär 🙂 ). Mein Wissenschafts-Über-Ich (es hat auch ein Gesicht, aber ich verrate nicht, welches) flüstert mir dann zu, dass das aber gar nicht professorabel ist (muss ich das denn sein? jetzt schon und komplett? frage ich mich erschrocken… Üben, üben, üben, kommt es zurück, oder besser: “be it or leave it!”). Und der abgebrühte Soziologen-Realist blickt mich leicht überheblich von der Seite her an: Boah, Hierarchiefreiheit… wo lebst du denn?! Trotzig flackert es dann in meinem linken Hirnkammerl auf: Und es macht doch einen Unterschied, wie ich den Menschen begegne. Mehr lesen

Über die Tagung „Soziologie der Parlamente?“ oder: der Kampf ums Fragezeichen

Bei der Organisation der Tagung standen wir (also das Orga-Team) vor einer schwierigen Entscheidung: Wie sollten wir unsere Tagung nennen? „Parlamente“ würde im Titel vorkommen müssen, aber „irgendwas mit Parlamenten“ ging nicht. „Wie Parlamente arbeiten“ kDSCN0558lang zu technisch, „Neues aus den Parlamenten“ traf zwar unsere Intention, neue Ansätze der Forschung zu Parlamenten auf den Schirm zu bekommen, war dann aber letztendlich doch wieder zu unspezifisch, hatte vielleicht einen zu unwissenschaftlichen Anklang – man konnte an eine Märchenstunde mit Wolfgang Thierse denken, oder an eine Bunte-Reportage zum (wahrscheinlich sinisteren) Privatleben der ParlamentsbewohnerInnen. Letztlich sind wir dann bei „Soziologie der Parlamente“ gelandet, denn genau darum sollte es ja gehen: um soziologische Perspektiven auf diese zentrale Institution der Demokratie, von deren Forschungsgegenstand-Qualitäten der Großteil der Soziologie bisher erstaunlich wenig Notiz genommen hat. Gerade das bisherige Fehlen einer ausgeprägten Auseinandersetzung von soziologischer Seite schien es uns dann erforderlich zu machen, den Titel in seiner letzten Fassung noch mit einem Fragezeichen zu versehen: Würden sich bei der Tagung tatsächlich Ansätze für eine Soziologie der Parlamente finden lassen? Gibt es und brauchen wir eine „Soziologie der Parlamente?“

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Die Tagung ist rum, das Denken kann beginnen

Brauchen wir eine “Soziologie der Parlamente”? Gibt es sie schon längst, und die Soziologie müsste nur auch endlich ihren Hintern hochkriegen und sich mit Parlamenten als Forschungsgegenstand beschäftigen? Oder lassen sich gegenwärtig doch ganz neue Zugänge zu dieser zentralen politischen Institution erkennen? Um diese Fragen hat sich unsere Tagung (10. – 11. Juni in Bonn) gedreht, Antworten werden wir nun finden müssen. Auf jeden Fall gilt: Sollte die gute und konstruktive Stimmung bei der Tagung ein Indikator für die Qualität der zu erwartenden Antworten sein, dann hätten wir nur Gutes zu erwarten – die war nämlich top. Das sieht man dem Orga-Team sogar noch am bitteren Ende an:

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Vielen Dank auf diesem Weg nochmal an die werten Kollegen Damien, Leo und Jan! Schön war das mit euch!

Beziehungen, Relationen und Konsorten – wie weit reicht Netzwerktheorie?

Decke

Neulich, bei einer Tagung zu Netzwerken – “Netzwerke in gesellschaftlichen Feldern” in Berlin, organisiert von Karoline Krenn und Jan Fuhse (ich habe dort einen Vortrag gehalten (Politik und Beziehungen passt halt doch zam)) – war ich hinterher wieder etwas ratlos.  Leider war ich nicht lang genug da, um noch an der Abschlussdiskussion teilzunehmen, sonst hätte ich mir vielleicht etwas mehr Klarheit einholen können. Es gab einige interessante Vorträge und alles, dennoch aber diese Ratlosigkeit (zumindest bei mir), hauptsächlich theoretischer Art. Die resultiert vor allem aus den engagierten Versuchen theoretischer Integration, in diesem Fall der Integration von Netzwerktheorie und Gesellschaftstheorie, etwa in Form von Feld- oder Systemansätzen. Viel von dem, was da vorgestellt wurde, war plausibel – klar, kann man alles machen, geht gut, passt. Aber warum sollte man? Was bringt es, wenn ich nun Netzwerke begrifflich konsistent im gesellschaftstheoretischen Rahmen einholen kann – wenn ich doch damit nicht mehr sehe als vorher? Oder das wäre zumindest meine Frage für die Abschlussdiskussion gewesen: Was sehe ich denn jetzt mehr als vorher? Würde die Antwort darauf in etwa lauten: Eigentlich nichts, aber dafür haben wir ein begrifflich konsistentes, umfassendes Instrumentarium! Dann würde ich das ganze Unterfangen fast für eine Form des Glasperlenspielens halten. Aber der entsprechende Eindruck hat sich bei mir in letzter Zeit auch an anderer Stelle schon eingestellt, gerade in Theoriediskussionen. Immer wieder frage ich mich dann, ob das vielleicht daran liegt, dass ich doch zu wenig Theoretikerin bin. Aber dazu fällt mir dann eigentlich Theorie wieder zu leicht, dazu haben gute theoretische Ansätze eine zu starke Wirkung auf mich. Ich vertraue also einfach mal meinem Zweifel und frage mich, wie weit diese theoretischen Versuche, Vorhandenes in Einklang zu bringen, tatsächlich führen können. Mehr lesen

Programm und Flyer zur “Soziologie der Parlamente” stehen

Jetzt gibt es nichts mehr zu rütteln: Das Programm zur Tagung steht, der Flyer ist fertig.

Flyerfront

Wir freuen uns sehr auf viele spannende Vorträge, die ganz so aussehen, als würden sie tatsächlich etwas andere Perspektiven und Erkenntnisziele in die Forschung zu Parlamenten einbringen – es geht um die Plenardebatte als Kampf, um die reflexiven Kapazitäten von Abgeordnetenbüros, um die Bedeutung von Politikserien in der politischen Bildung, und und und. Bahnt sich wirklich eine neue Soziologie der Parlamente an? Wir lassen uns überraschen! (Und: Mein Bild hat es auf die Titelseite geschafft – praktisch zwengs Copyright und befriedigend zwengs Freude…)

Vorläufiges Tagungsprogramm und Tagungsblog zur “Soziologie der Parlamente?”: check!

Wenn man zu viert eine Tagung organisiert, kann das mit der Abstimmung ja5 etwas dauern… Etliche E-Mails und mehrere Telefonkonferenzen später steht aber ein Programm, mit dem wir jetzt sehr zufrieden sind: Vielfältige, die Klassik der Parlamentarismusforschung erweiternde Ansätze, unterschiedliche Perspektiven und Herangehensweisen – von der Systemtheorie zur Akteurszentrierung, von der Parlamentsberichterstattung in Politikserien über den Kampf der Plenarsitzung zur Frage nach der Emergenz des amerikanischen Kongresses. Wir sind gespannt und hoffen, dass wir Antworten auf die Fragen näher kommen: braucht es eine Soziologie der Parlamente, inwiefern gibt es sie schon, inwiefern vielleicht noch nicht, und was kann sie uns bringen? Zum Tagungsblog geht’s übrigens hier (wer schonmal in die Abstracts reinlesen möchte…).

Sektionstagung “Soziologie der Parlamente?” Juni 2016

Tatsächlich, es ist soweit! Viele Mails, Telefonate, Gespräche und Entwürfe später steht der Call for Abstracts für die Tagung, die ich im kommenden Juni (10.-11.) gemeinsam mit Damien Krichewsky (Bonn), Leopold Ringel (Bonn) und Jan Schank (Frankfurt) in5 Bonn organisiere und die sich um die Frage dreht: Gibt es eine soziologische Perspektive auf Parlamente – diese zentralen Institutionen moderner Demokratien -, und was gewinnt man gegebenenfalls mit einer solchen Perspektive? Aber der Aufwand hat sich gelohnt: Nicht nur sind wir jetzt zufrieden mit dem Call, die Tagung findet auch als gemeinsame Tagung der Sektionen “Politische Soziologie” und “Rechtssoziologie” der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) statt – über diese Möglichkeit freuen wir uns besonders! Hier der Link zum CfA. Super ist, dass Rudolf Stichweh (Keynote) und Jens Borchert (Schlussvortrag) bereits zugesagt haben – um den Rest des Programms mit (nach Möglichkeit: tollen) Beiträgen zu füllen, ist der Einsendeschluss für Abstracts zu beachten: 15. Februar 2016. Wir sind gespannt!

Forschungskolloquium “Die Praxis der Politik” März 2015

Nachdem ich vier Jahre lang an meinem eigenen Zugang zum soziologischen Gegenstandsbereich Politik gearbeitet und bei der Suche nach Gleichgesinnten immer wieder (aber nicht nur – danke, Thomas und liebe Mitglieder im Frankfurter AK, vor allem Sebastian, Jan, Endre, Stefan!) frustriert ins Leere gegriffen habe, wollte ich die Sache doch nochmal etwa aktiver ausloten. Mit Unterstützung der Studienstiftung des deutschen Volkes (Veranstaltungslinie “Stipendiaten machen Programm”) und des Münchner Soziologielehrstuhls von Armin Nassehi habe ich eine kleine Nachwuchstagung organisiert, in der es ganz gezielt um die praxistheoretische Auseinandersetzung mit dem Politischen ging. Hier das Tagungsprogramm zum Ansehen:
PDF_LMU TAGUNGSFOLDER BRICHZIN_B_Seite_1Die Tagung hat zwar nicht mit einem Schlag alle Fragen geklärt, die man bezüglich eines praxistheoretischen Zugangs zur Politik haben kann (das wäre wohl auch etwas arg viel verlangt), war dafür aber Ausgangspunkt vieler spannender Diskussionen und einiger ganz toller neuer Bekanntschaften, die bis heute andauern. Juhu!
Wer Interesse hat, kann hier auch noch in den Abschlussbericht zur Tagung reinlesen:
PraxisDerPolitik_Abschlussbericht