Im Zug nach Chemnitz II oder: warum ich “Horst” fast ein bisschen dankbar bin.

Eine neue Erzählung nach einer wahren Begebenheit im Zug nach Chemnitz.

Eine unmögliche Situation war das. Beschissen würde man sagen, wäre man nicht im Internet, und wäre das Internet nicht so ein wundervoll zivilisierter Raum. Lieber also: unmöglich. So eine Situation, nach der sich einem oft hinterher die Fingernägel aufrollen vor Ärger, dass man das Falsche gesagt, getan, signalisiert hat, dass man der Situation nichts entgegenzusetzen hatte. Die überrollt dich dann, eine scharfe Welle, sie reißt dich an einen Ort, an den du nicht wolltest, Kontrolle weg.

Aber nicht diesmal. Diesmal nicht, deshalb ist auch die Situation vorbei und ich bin, naja, juhu, zufrieden. Also ab Anfang: Es ist Abend, und ich steige mal wieder in den Zug ein. Mehr lesen

Chemnitz: dem Politischen auf der Spur

WorkshopChemnitzAus gegebenem Anlass starten wir  in Chemnitz ein kleines lokales Kooperationsprojekt zur Frage, wie sich hier das Politische – zwischen rechts und links und darüber hinaus – im öffentlichen Raum manifestiert: “Chemnitz – politische Ethnografie einer Stadt” (das Bild stammt von der Ankündigung zum Auftaktworkshop). Ein paar erste Beobachtungsgänge durch die Stadt haben wir schon gemacht – das wird spannend, ich freue mich richtig drauf! Da gibt es bestimmt auch zwischendurch immer mal was zu berichten.

Im Zug nach Chemnitz

Eine literarisch-ethnografische Erzählung nach einer wahren Begebenheit auf der Reise vom Soziologiekongress nach Chemnitz.IMG_20190409_074929973[1]

Es ist Nacht, als der Zug uns am Ende unserer Reise in die steinerne Wirklichkeit von Chemnitz entlässt. Tiefmüde machen wir uns auf den Weg; an einer kleinen Kneipe vorbei, unter stählernen Brücken hindurch, die gepflasterten Straßen kreuzend. Das Bett steht uns als Verheißung vor Augen. Der Rollkoffer klappert noch den Takt der Erinnerungen an Göttingen hinter uns her, doch die Magie des Kongresses ist verflogen. Diese Reise scheint nicht Transit, sie scheint Auftauchen gewesen zu sein, Auftauchen aus einer anderen Welt. Mehr lesen

Von Parlamenten zu Parteien: Cracking Political Institutions

Dieses Jahr ist unser Sammelband “Soziologie der Parlamente” (Reihe Politische Soziologie Springer VS) erschienen, jetzt mache ich mich – gemeinsam mit Jasmin Siri – an ein neues kollektives Publikationsprojekt: Wir wollen mit einem Buch zur “Soziologie der Parteien” neue soziologische Perspektiven auf Parteien ausloten! Aktuell ist, so meinen wir, ein guter Zeitpunkt um genau das zu tun. Wie mit dem Parlamentsbuch wollen wir die Soziologie dabei ein bisschen aus der Reserve locken, denn die beschäftigt sich traditionell nur am Rande mit politischen Institutionen, und auch der Dialog mit der Politikwissenschaft fällt eher sporadisch aus. Da geht mehr, meinen wir – mal sehen, was da kommt!

Und so liest sich unser Call for Papers zum Projekt (hier auch nochmal komplett als pdf zum Download): Mehr lesen

Jetzt: In Chemnitz!

IMG_20181009_080518542_HDRSeit ersten Oktober arbeite ich am Institut für Soziologie der TU Chemnitz. Gibt viele Gründe, warum ich das ganz wundervoll finde, aber wir haben hier ja nicht so viel Zeit. Bei Gelegenheit erzähle ich sicherlich die ein oder andere Geschichte – zum Beispiel von meinen Zugfahrten hierher, die bisher schon immer wieder sehr eigentümlich waren. Aber jetzt geht’s erst mal los!

Die gesellschaftliche Konstruktion politischer Eliten – ein zweiter Analyseversuch

Schon seit einiger Zeit arbeite ich an der Vorbereitung eines Projekts zu der Frage, welche Vorstellungen sich die Gesellschaft von ihren politischen “Eliten” macht. Aktuell scheint mir dieses Forschungsinteresse dabei relevanter zu sein denn je: Populismen haben Aufwind und damit auch die scharfe Polarisierung “des Volkes” auf der einen, “der politischen Elite” auf der anderen Seite (Spier 2010, S. 21). Wie sieht es aber jenseits der TrägerInnen solcherart populistischer Einstellungen mit unserem Bild von politischen Führungsfiguren aus? Unterscheidet es sich tatsächlich so klar von der populistischen Haltung, dass es als zentrales Definitionsmerkmal des Populismus herhalten kann? Auf der Basis der Standardergebnisse entsprechender Umfrageforschung – in denen BürgerInnen ihren politischen VertreterInnen immer wieder attestieren, “abgehoben” zu sein (vgl. Reiser 2018) – dürfen zumindest Zweifel aufkommen. Um dies genauer zu ergründen, dafür ist das Projekt gedacht.

In Vorbereitung dieses Vorhabens habe ich zwei kleine qualitativ-empirische Vorstudien in Form von Lehrforschungsprojekten durchgeführt: Mehr lesen

Oh Motivation, du seltsames Huhn.

HuhnGibt es sie, die Motivationsbolzen, die immer gleichermaßen stramm vor der Arbeit stehen? Die unbeirrbar und ohne zu schwanken jeder Versuchung trotzen, etwas anderes zu machen? Jedenfalls gibt es zumindest Erzählungen über sie. Und Erzählungen über essentiell Dauermotivierte haben unangenehmerweise die bekannte Nebenwirkung, Demotivation zu erzeugen. Dabei habe ich den Verdacht, dass ich in manchen Erzählungen selbst als dauermotiviertes Leistungstier repräsentiert bin: “Wie macht sie das nur, mit den Kindern und der Wissenschaft und so?!” Wenn ich dann mal in ein Motivationstief rutsche,

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Wie das Politische erkennen? (alias: Sozialtheorie vs. Verschwörungstheorie)

Ich bin sehr gespannt auf die Tagung der DGS-Sektion Politische Soziologie, bei der ich – gemeinsam mit dem lieben Kollegen Sebastian Schindler – am 26. April einen Vortrag halten darf! Vor allem, weil wir hier zum ersten Mal versuchen, unsere sehr ählichen Forschungserfahrungen theoretisch produktiv zu formulieren. Diskutiert haben wir unsere Ideen (jenseits unserer Dyade) bisher noch nicht, umso interessanter die Rückmeldungen darauf… Hier, wen’s interessiert, der Abstract zum Vortrag:

“Wir nehmen den Aufruf zur Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Stellung der Politischen Soziologie zum Anlass, um uns mit einem Problem zu beschäftigen, das uns in unserer eigenen Forschung zu Phänomenen des Politischen immer wieder begegnet. Aus unserer Sicht steht die Politische Soziologie derzeit insbesondere vor zwei Schwierigkeiten. Erstens wird ihr Gegenstand zu weit begriffen, als dass sie einen konzentrierten Beitrag zum Verständnis einer eminent politisch bestimmten Gegenwart leisten könnte – wo als politiksoziologisch relevanter Gegenstand jeglicher politisch relevante Gegenstand verstanden wird (allen voran vielleicht die im Call zu dieser Tagung angeführte soziale Ungleichheit) wird ihr Zugriff beliebig. In unserem Beitrag setzen wir jedoch an der zweiten für uns erkennbaren Schwierigkeit an: Mehr lesen

Sammelband “Soziologie der Parlamente” erschienen

SoziologieDerParlamenteDas Ergebnis wunderbar kollegialer Herausgeberarbeit (chapeau, chers messieurs!) ist erschienen. Unsere These: es ist an der Zeit, dass sich die Soziologie an die klassischen politischen Institutionen – insbesondere natürlich die Parlamente – herantraut!

Wer mal reinschnuppern will: Hier gibt’s das Inhaltsverzeichnis, hier geht’s zur Verlagsseite, und hier eine kurze Beschreibung des Inhalts:

Der Band entfaltet Zugänge zu einer genuin soziologischen Betrachtungsweise von Parlamenten. Er schlägt den Bogen von gesellschaftstheoretischen Ansätzen über mikrosoziologische Perspektiven hin zu internationalen Forschungstendenzen. Mehr lesen

Ein Hoch auf die soziologische Netzwerkforschung? Ein Kommentar aus gegebenem Anlass

Das ist ein Kommentar, den ich im Nachgang einer Netzwerktagung im Dezember 2016 geschrieben habe. Es hatte damals so ausgesehen, als ließe sich daraus etwas mehr machen, eine Diskussion über den gegenwärtigen Status der Netzwerkforschung in Deutschland vielleicht? Hat nicht geklappt, klappen halt immer mal Sachen nicht. Vielleicht war der Text auch zu allgemein angelegt, aber mir hat das Schreiben jedenfalls geholfen. Deshalb jetzt also hier, sozusagen zum Jahrestag jener Tagung, ein weiterer Eintrag in meinem digitalen “Denktagebuch” 🙂

  1. Warum sich mit der Netzwerkforschung auseinandersetzen?

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