Warum man gute Politik nicht an ihrem Wahrheitsgehalt erkennen kann

Hier geht es um ein Thema, das mich schon seit einiger Zeit umtreibt. Ein Thema, dem man derzeit überall dort begegnen kann, wo politisch diskutiert wird. Es geht, um damit rauszurücken: um den in der öffentlichen Debatte wie selbstverständlich hergestellten Zusammenhang zwischen Politik und Wahrheit. Ich möchte meinen Beitrag zu diesem Thema mit einer steilen These beginnen. Die gegenwärtige politische Kultur hat nämlich ein Problem (das ist noch nicht die steile These, die kommt jetzt erst). Jenes Problem politischer Kultur liegt jedoch nicht so sehr in unverbrüchlichem Blockdenken zwischen links und rechts begründet, nicht in der fehlenden Bereitschaft zur offenen politischen Debatte, ja, noch nicht einmal (hauptsächlich) in den unvermeidlichen Rufen nach allzu simplen Lösungen für komplexe gesellschaftliche Problemkonstellationen. Das schwerwiegendste Problem gegenwärtiger politischer Kultur  besteht vielmehr in der unhinterfragten Annahme, gute Politik zeichne sich dadurch aus, dass sie die Wahrheit auf ihrer Seite habe. Mehr lesen

Neuerscheinung: Doktorarbeit!

Neuerscheinung

Zum ersten Mal liegt hier eine explizite Analyse politischer Arbeit vor. Jenseits von Politikverständnissen, die sich vornehmlich an Machtprozessen bzw. Entscheidungshandeln orientieren, geht es um die parlamentarische Praxis der Einflussnahme auf gesellschaftliche Wert- und Bedeutungsordnungen: Basierend auf einer Beobachtungsstudie auf vier Parlamentsebenen rekonstruiert die Autorin den dortigen Arbeitsalltag, der bestimmt ist vom Kampf mit der beständig in Parlamenten auftreffenden Themenflut und dem schnellen Wechsel zwischen komplementären Arbeitsformen, mit denen jener Flut beizukommen versucht wird: dem Politischen Spiel, der Themenabfertigung und der Politischen Gestaltung.

Ziel der politischen Arbeit aber ist die Erzeugung symbolischer Evidenz. Jener Qualität also, die Ideen derart mit Bedeutung auflädt, dass sie Massen mobilisieren und Gruppen hinter sich scharen – unsere Sicht auf die Welt also ein Stück weit verändern. Ein Tipp für Wissenschaft und Praxis gleichermaßen!

Das Werk ist Teil der Reihe Studien zur Politischen Soziologie. Studies on Political Sociology, Band 35. Hier erhältlich! Und hier das Inhaltsverzeichnis, wer sich einen Eindruck verschaffen möchte.

Der Stand der Parlamentsforschung in Soziale Welt 67

Es ist passiert: Mein erster Artikel ist erschienen… nicht nur seit Monaten angenommen, sondern tatsächlich erschienen! Ein Artikel zum Forschungsstand der Parlamentarismusforschung: “Parlamentarische Praxis – Der Stand der Forschung zur zentralen Institution der Demokratie.” Soziale Welt 67/1.  Fast fühle ich mich wie der Kommentator beim Spiel der Fußball-Männer-EM Island gegen Österreich:

Aber auch nur fast.

Hier der Abstract zum Artikel: Mehr lesen

Now joining… Uni Würzburg!

Mein neuer Arbeitsplatz an der Uni Würzbug, im schönen Haus der Fakultät für Humanwissenschaften direkt nach meinem Arbeitsantritt am 7.4. :

Büro

Bisschen kahl noch, aber mit Potential… Mittlerweile steht da auch schon ein Rechner, der beinahe funktioniert, und ein Drucker, der zumindest mit USB-Stick betrieben werden kann – wird schon. Manche Uhren ticken hier ein bisschen anders (einheitliche Termine zur Hausarbeitsabgabe, die Möglichkeit zum unbenoteten Einbringen von Seminaren – ach sowas ist möglich?), da kommt man dann wohl im Laufe der Zeit dahinter. Nach den ersten zwei Wochen steht noch nicht viel fest, außer: 5 Kurse zu halten ist anstrengend, führt aber nach der zunehmend beklemmend gewordenen Enge der Dissertation in die wohltuende Weite der noch nicht fixierten Erkenntnisinteressen. Genau da will ich eigentlich hin.

Im Druck: “Krise des politischen Alltags?”

Der Aufsatz für das Sonderheft der Österreichischen Zeitschrift für Soziologie zu “Handlungs- und Interaktionskrisen” geht in den Druck. Hier eine kleine Vor”schau”:

“Wie kommt es, dass sich Politik gemäß der öffentlichen Wahrnehmung in einem permanenten Krisenzustand zu befinden scheint? Auf der Basis einer ethnografischen Studie auf vier parlamentarischen Ebenen geht dieser Beitrag zwei Erklärungsansätzen nach: der These einer durch insuffizientes politisches Personal hervorgerufenen Krise auf der einen Seite, der These der kriseninduzierenden Überlastung des politischen Alltags in inhaltlicher, zeitlicher und normativer Hinsicht auf der anderen Seite. Anhand des empirischen Materials lässt sich zeigen, dass beide Thesen so nicht zutreffen. Stattdessen tritt das Verhältnis von Politik und Öffentlichkeit selbst als Krisenmoment in den Fokus: Erkennbar wird die Diskordanz der Strukturen alltäglicher gegenüber parlamentarischer Lebenswelt, die sich insbesondere in Bezug auf Zeit-, Relevanz- und Interaktionsordnung drastisch unterscheiden. Nicht zuletzt, weil von politischen RepräsentantInnen demokratienormativ genuin Gleichheit erwartet wird, führt diese Diskordanz zu Entfremdungserfahrungen auf Seiten der politisch nicht aktiven Öffentlichkeit, die das Potential für eine Krise der Demokratie besitzen.”

Das Glück, die Disputation hinter sich zu haben…

Bis kurz vor der Disputation habe ich es ohne größere Aufregung geschafft, und dann ist es doch noch passiert. Was mir geholfen hat: Das Besinnen auf die Erfahrung, auch aus bisherigen VortAusgangrägen immer heil (und besser) rausgekommen zu sein. Und: Die mentale Entscheidung, das als Gelegenheit zu nutzen, anderen die eigene Arbeit näher zu bringen. Spannend isses ja, das Thema. Dann immer mein innerer Einwand: “Aber ehrlich mal, 75 Minuten Fragen!” Jetzt bin ich um die Erfahrung reicher: Auch das geht vorbei. Und hinterher ist man dann doch recht glücklich… Was an dem Tag noch schön war: Mit dem Gefühl besonderer Wichtigkeit per U-Bahn zum Prüfungstermin fahren. Hinterher von WeggefährtInnen beglückwünscht zu werden. Nach der Prüfung gesagt bekommen, wie souverän man angeblich war (obwohl man sich selbst währenddessen stellenweise eher seltsam gefühlt hat). Und: Eine schöne, siebenseitige Zusammenfassung (alias Disputationsvortrag) der Doktorarbeit aus dem Termin mitzunehmen.

Bis auf Weiteres: Adieu, Büro für Soziologie!

IMG_1675Als WissenschaftlerIn muss man sich gelegentlich selbst um ein angemessenes Arbeitsumfeld kümmern – so ging es auch mir nach drei Jahren Promotionsstipendium mit wechselnden Arbeitsplätzen in verschiedenen Bibliotheken. Es hat mir also gereicht: Ich wollte wieder mal einen eigenen Schreibtisch (der nicht zuhause steht, inmitten des Familienchaos), und ich wollte wieder mal nette KollegInnen um mich haben (so wie damals am IfS – gell, Laura, Norbert?!). Also bin ich mit Hans und Anja ins “Büro für Soziologie” gezogen, in die Bürogemeinschaft “Friends”factory (ohne Worte). Jetzt ist dieses schöne Dreivierteljahr wieder vorbei, jeder Logo_BüroFürSoziologievon uns beginnt etwas Neues. Aber zumindest latent bleibt das BfS vorhanden – bis auf Weiteres!

 

Fertig, die Doktorarbeit, sie ist fertig!

Im Oktober ist es passiert: Mit zitternden Fingern habe ich die Doktorarbeit in ein pdf verwandelt und zum Druck gegeben. Ein sehr gutes Gefühl, über das man gar nicht mehr Worte verlieren muss (vor allem, weil das Loch danach nicht lange hat auf sich warten lassen (jetzt aber zum Glück wieder überschritten ist))… Außer: Wer etwas über die Praxis in Parlamenten wissen möchte, muss natürlich unbedingt diese Arbeit lesen. Bei beginnender Neugierde bezüglich des Inhalts bitte hier klicken.

Nachtrag: Es ist lustig im Juni zu lesen, dass man das Post-Dissertations-Loch bereits im Dezember überschritten hat – wo sich doch gerade erst das Gefühl einstellt, so schön langsam vielleicht wirklich wieder einigermaßen draußen zu sein…

Podcast “Promotion mit Kind”

Das war mein erstes Interview für einen Podcast – in meiner Eigenschaft als Mitglied von “Thesis e.V.” (Verein zur Interessensvertretung und Vernetzung von Promovierenden und Promovierten) bin ich zu den Herausforderungen gefragt worden, die das Promovieren mit Kindern mit sich bringt. Das Ergebnis ist noch sehr ausbaufähig, aber nachdem ich mich nach einem Jahr endlich dazu bringen konnte, das Ding anzuhören, wollte ich damit dann doch meine “Sonstiges”-Rubrik etwas anfüllen…

Meine zentrale Botschaft wäre eigentlich gewesen: Wer Kinder hat, muss nicht etwa mehr auf sein Zeitmanagement achten – die Situation bringt vielmehr fast automatisch eine massive Entwicklung der eigenen Kompetenzen in Sachen Zeitmanagement und Alltagsorganisation mit sich. Das ist eine Chance, die man nicht unterschätzen sollte! Aber anstrengend bleibt’s natürlich trotzdem 🙂